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Über

„Die Welt ist für uns stets eine Antwort, die von der Frage abhängt, die wir an sie stellen.“
Stanislaw Brzozowski, polnischer Philosoph (1878-1911)

 

Über discorsi

Begonnen hat alles im Jahr 2000 mit der Veröffentlichung der Erinnerungen von Boutros Boutros-Ghali, dem früheren UN-Generalsekretär. Mit diesem Werk hatte Boutros-Ghali im Grunde eine Abrechnung mit dem vorgelegt, was treffend Realpolitik genannt wird. Untertitel: Die UNO – wird eine Hoffnung verspielt? Mit dem Werk war discorsi als kleiner Sachbuchverlag für Themen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft gestartet. Es folgten eine Reihe weiterer Bücher – und endlich die Umsetzung der Idee, das Programm auch im Internet, das sich ja für den Diskurs eignet wie kein anderes, weiter zu spinnen. Ein Programm, das sich den faszinierenden Zündfunken widmet, die dem Zusammenprallen von Realität und Denken, von Welt, Wille und Vorstellung entsprühen.

Lob der Spekulation

Ideen, Impulse, Innovationen bilden das Leitmotiv der Seite, die eine Plattform für Visionen und neue Gedanken bieten soll, ein Reservat für die gepflegte Spekulation, die abseits hektischer Nachrichtenströme und effizienter, clickbringender Unterhaltung gepflegt sein will. Denn auch die Vision hat ein Anrecht zu existieren, sie braucht dazu Rückzugsräume, wo sie sich von hemdsärmeligen Pragmatikern auf der einen und schäumenden Verschwörungstheoretikern auf der anderen Seite erholen und gedeihen kann.

Trotz dieses Lobs der Spekulation wäre der geistige Standort der Redaktion wohl am besten mit dem kritischen Rationalismus beschrieben, jener Denkart, die von Karl Popper zur Blüte gebracht wurde und die besagt, dass eine Vorstellung über die Welt immer nur vorläufig gilt – da jederzeit mit ihrer Widerlegung zu rechnen ist. Was für eine bescheidene, nüchterne und maßvolle Aussage.

Kritischer Rationalismus und Spekulation – ein Widerspruch? Keineswegs, nur zwei Seiten einer Medaille. „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“: Eine kernige Aussage, aber deswegen noch nicht richtig (Helmut Schmidt, ebenfalls bekennender kritischer Rationalist, möge verzeihen). Tragen doch Phantasie, Spekulation und visionäres Denken nachweislich die Hälfte zum Siegeszug menschlichen Erkennens und Fortschritts bei. Zuerst war die Vision, dann die Abschaffung der Sklaverei, die bis dahin als selbstverständlich betrachtet wurde (auch in der hochgelobten vorchristlichen Antike), erst die Vision, dann die Gewaltenteilung, erst die Vision, dann das Frauenwahlrecht, erst die Vision, dann die Demokratie, erst die Vision, dann die Rechtsstaatlichkeit. Erst kommt die Idee, dann die Realisierung. Erst die Hypothese, dann ihre Überprüfung. Und für die Hypothesenbildung braucht es zunächst einmal Phantasie, Kreativität, etwas Chaos, das eine neue, unglaubliche Idee gebiert wie eine Emanation aus dem Nichts. Oder was war es sonst, das Newton auf die Idee brachte, dass sich Himmelskörper umkreisen, nur verbunden durch unsichtbare Schwerkraft?

Philosophischer Küchentisch

So soll es auf diesen Seiten um Themen am Rande des Wissens und Erkennens gehen – und um einen spekulativen Ausblick über diesen Rand hinaus. Wenn daraus so etwas wie eine philosophische Ecke im Internet entstünde,  die Aktuelles verknüpft mit alten Geistesblitzen, wäre viel erreicht.

Um eine weitere Philosophie-Website handelt es sich allerdings bei discorsi.de nicht. Die Schul- und Universitätsphilosophie stellt aus unserer Sicht nur einen, wenn auch wichtigen, Teilbereich der Philosophie dar; die wahren Philosophen kommen heute aus allen Disziplinen, sie finden sich unter Naturwissenschaftlern, Managern, Politikern, Praktikern, Journalisten, auch der Mann und die Frau von der Straße sind darunter. Alle sind sie willkommen mit ihren Beiträgen hier am unaufgeräumten philosophischen Küchentisch im Internet.

Vielleicht noch ein paar Spielregeln: Postings können gerne hart in der Sache formuliert sein, aber bitte respektvoll im Ton; die Redaktion behandelt Kommentare wie Leserbriefe, greift also auch mal zum Rotstift und sieht dies als Service für die Leser, deren Zeit wie ein kostbares Gut behandelt werden soll. Denn auch in den Zeiten von Web 2.0 überwiegt die Zahl der Leser die der Schreiber, daher gebührt Ersteren der Vorrang.

Hamburg, 19. März 2009 (zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2010)